durch die Berge

16. April

Villach – Thörl – Coccau – Tarvisio – Pontebba (Ciclovia Alpe Adria)

(Route siehe „aufwärmen“ in diesem blog)

Zuerst führen die Radroutendesigner einen an der Drau, dann die Gail flussaufwärts am Uferweg entlang. Der wird bald eine Schotterpiste, durchsetzt mit Flusssand aus Hochwasserzeiten, später Feld- und Waldwegstücke mit allerlei Wurzelwerk, das den Weg quert – Mountainbiker’s Freude, zweifellos; doch mit Volllast ist sanftestes Pedal- und Bremsspiel vonnöten. Vor einer kleinen Brücke blockieren drei Straßenarbeiter in 48er-Orange mit ihrem schweren Gerät die Weiterfahrt. „Stimmt schon, immer geradeaus“, sagt der eine, nachdem er seinen Schaufelbagger für mich aus dem Weg gelenkt hatte – wohl ahnend, dass ich dem vor mir liegenden Feldweg nicht zutraute, er sei ein Stück des Alpe-Adria-Weges. Er war es aber. Jedoch nicht lange. Nach einer weiteren schmalen Holzbrücke über ein fast stehendes Gewässer verschwand der Weg im Wasser.

3160k Gailtalweg geflutet

Alpe-Adria-Weg vor Arnoldstein

3161k Gailtalweg geflutet

Also zurück übers Brückerl, durch den Wald, übern Acker, hinauf zur Straße. Von der Bundesstraße aus war dann zu sehen, dass es ein recht großes Moor- oder Augebiet ist, aus dem das Schnee- und Regenwasser nicht rasch genug abfließen konnte.

Am Anstieg hinauf nach Coccau hole ich eine Radlerin ein. Oben am Sattel, gleich nach der italienischen Grenze, gibt’s caffe latte und ein bisschen Plaudern auf der besonnten Terrasse mit Blick hinunter ins Kärntnerland. Der Vordergrund dominiert jedoch: riesige Asphaltflächen, mehrspurige Zollabfertigungen mit Betonblöcken versperrt – Verkehrsruinen aus der Vor-Autobahnzeit. Cafés und Ramschläden, Souvenierbuden – alles geschlossen, zugepflasterte Erde, und doch keine Chance für die Natur, sich dieses Verkehrs- und Grenzkulturerbe wieder einzuverleiben.

3162k Tarvisio Centrale

Tarvisio Centrale

3163k Tarvisio Centrale vis a vis

Via Friuli vis a vis Tarvisio Centrale

Tarvisio Centrale – der große alte Grenzbahnhof, gerade so imposant in seiner erbärmlichen Funktionslosigkeit wie die beeindruckenden Julischen Alpen mit ihren schrillen, mit Schnee überzuckerten Felsklippen.

Die teilweise zum Radweg umgebaute Trasse der alten Eisenbahn hat noch unüberwindbare Schneehindernisse. Erst nach Tarvis scheint diese Gefahr vorüber zu sein. Nach Camporosso geht’s nur mehr bergab, hier lädt nichts zum Bleiben ein. Alles will nur so schnell wie möglich durch nach Süden: Der riesige Schottermengen treibende Fluss (die Fella), die Überreste der alten, ein paar Ansiedlungen verbindenden Straße, die unterfrequentierte alt-ausgebaute strada statale, die Stelzenautobahn, die alte Bahntrasse, auf der ein paar Leute nordic walken und Hunde ausführen und dann noch die neue Bahntrasse, die aber größtenteils ins Berginnere ausgewichen ist.

Das Radeln auf der Bahntrasse ist wie eine Zeitreise – jedoch nicht durch ein Eisenbahnmuseum, sondern durch verrottende Verlassenschaften. Ich fahre lieber auf der Straße durch Orte. Nur selten geht der Bahnweg in die alten Ansiedlungen. Doch der Radwegumbau ist zum Glück nicht durchgängig.

Ugovizza Stazione – Caffé                                            Alte Steinbrücke über die Fella

3166k stazione Ugovizza - Cafe3172k Steinbrücke CAA

 

 

 

 

Malborghetto ist ein Kleinod in diesem Durchzugstal. Es schmückt sich und wirbt mit einem venezianischen Palazzo und hat auch ein Haus mit schwarzgrauen, metallenen Fensterläden, in dem heute die Locanda aquila nera untergebracht ist.

3168k Malborghetto Schwarzer AdlerMalborghetto aquila nera

3167k Malborghetto 1976ferite terremoto 1976 (Erdebebenschaden 1976)

Durchfahrtsverbote sind auf der Straße auch leichter umfahrbar. Nicht so auf der Bahntrasse:

Sperre Ciclovia Alpe Adria (obere und untere Ankündigung)

3173k CAA-Sperre 3174ak CAA-Sperre3176k CAA-Entsperre-HelferEntsperrungshelfer

Und schon gar nicht nach einer langen Bergabfahrt. Diese Sperre war nicht vorangekündigt, zumindest nicht für die von oben Kommenden. Ausweichen war nicht möglich, Zurückfahren nicht gewollt. Also die rostigen Drähte der Gitterverankerung aufbiegen, beim zweiten half mir dann ein Radlerpapa, der seine Kinder auf einen kurzen Ausflug begleitet hatte. Nochmals Dank dem Entsperrungshelfer – die rostigen Hände blieben unverletzt.

Pontebba, la tristessa. Ein riesiger funktionslos gewordener Bahnhof, die Hochschaubahn von Bruck an der Mur ist schon eine schlimme Vergewaltigung des Siedlungsraumes, Pontebba macht wortlos.

3178k Verkehrswege bei Pontebba

Vor Pontebba

3182k Verkehrswege und Herz Pontebba

Herzlich

3183k Pontebba BahnhofPontebba stazione vecchia

3184k Pontebba BahnhofPontebba, Wohnquartiere an der Bahn

3185k Pontebba BahnhofPontebba Bahnhofsbrache

3187k Pontebba BahnhofBlick auf Pontebba von oben kommend

Im Ort nehme ich die alte Hauptstraße. Dort sind noch ein paar Leute zu sehen. Am Abend komme ich hierher zurück, ins Caffé Vecchio. Auf zwei Glas Merlot, eine mit wunderbarem prosciutto crudo belegte Pizza – was anderes wollte der Koch am Abend nicht mehr machen – und ein bissl Zeitung Lesen. Auf der Titelseite der La Repubblica „il attentato a Boston“. Al Kaida schlägt beim Marathon zu. Tote und hunderte Verletzte. ?????

Über pemockl

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